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Mousographs #61 “Dare to be brilliant”

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“Dare to be brilliant”:

Yes, I know: Jan Vermeer’s famous painting has been copied and parodied a million times, and deciding to walk this trodden path is probably not a stroke of genius. However, I was intrigued by the suggestion (made in a recent film which is based on Tracy Chevalier’s novel „The Girl with the Pearl Earring“) that the portrait had a secret level of meaning which is dynamite.

This modern fable has it that the portrayed girl is a maid in the artist’s house, whose low social status would never entitle her to wear jewellery of this kind. On top of this, the earring is said to belong to the artist’s wife, and in the film we see Vermeer piercing the maid’s ear so that she can wear that thing. But it doesn‘t stop there: What might have been a thing of private infidelity, deserving to be kept a secret, is in the first place only taking place to paint a picture which gives the story to the world. Take a look at the earring: the pearl is huge, must be worth a fortune, it’s definitely there to be seen. Viewing the picture from this perspective, we suddenly get a smell of revolution.

Adam and Eve, Madame Bovary, Che Guevara – there’s a long line of unruly spirits in the history of mankind, and this picture may be just another piece of evidence for our striving to be free. So, like a “¡No pasaran!” on a battlefield’s smoke-blackened wall, “Dare to be brilliant!” is meant as an encouragement to break away from the world’s preconceived notions about who should be, and to stand up for who you really are and wish to be.

“Traue dich, brillant zu sein”:

Ja, ich weiß, Jan Vermeers berühmtes Gemälde wurde schon zigfach kopiert und parodiert, und es ist sicher kein Geniestreich, wenn ich mich auch auf diesen plattgetretenen Pfad begebe.
Aber die Verfilmung von Tracy Chevaliers Roman „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ hat mir einen Floh ins Ohr gesetzt. Dort wird nämlich hauchzart, aber unmissverständlich die Idee entwickelt, dass dieses Bild eine für heutige Betrachter unerwartete Botschaft formuliert, und diese Idee ist Dynamit.

Worum geht es? Die Romanautorin und der Film legen nahe, dass es sich bei der von Vermeer porträtierten Frau um eine seiner Hausangestellten handelt, deren niedriger sozialer Status ihr niemals die Möglichkeit eröffnet hätte, so prächtigen Schmuck zu tragen. Hinzu kommt, dass der Ohrring der Gattin des Künstlers gehört, und der Film zeigt Vermeer, wie er der Magd ein Loch ins Ohr sticht, damit sie das Geschmeide seiner Frau tragen kann. Oh là là, Sodom und Gomorrha.

Doch es kommt noch ärger: Was eine Angelegenheit privater Untreue hätte sein und bleiben mögen, die man tunlichst geheim hält, ist von Anfang an auf Öffentlichkeit angelegt, denn der Zweck des Ganzen ist ja, ein Porträt zu malen, das die Geschichte der Welt erzählt. Und dieser Ohrring: Vermeer hätte aus der Schatulle seiner Gattin ja vielleicht auch etwas Dezenteres ausborgen können, aber nein, es musste dieser Oschi sein, der sicher nicht billig war und eindeutig dafür gemacht ist, gesehen zu werden. Aus dieser Perspektive riecht das Bild auf einmal sehr verdächtig nach Revolution.

Adam und Eva, Madame Bovary, Che Guevera – unsere Geschichte wird von einer langen Reihe aufmüpfiger Geister durchzogen, deren unbändiger Freiheitsdrang Anlass war, Autoritäten in Frage zu stellen. Das Mädchen mit dem Perlenohrring ist vielleicht ein weiteres Zeugnis dieser Art. „Dare to be brilliant!“ („Traue dich, brillant zu sein“) lehnt sich an die bekannte Forderung Immanuel Kants an, man solle es wagen, sich seines Verstandes zu bedienen. Hier ist die Parole eine Aufforderung, sich vorgegebenen Erwartungen nicht unterzuordnen, sondern selbst zu entscheiden, was man ist und werden möchte.

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